Longlegs

Beschreibung

Die junge FBI-Agentin Lee Harker (Maika Monroe; Fans des Horrorgenres bekannt aus dem Gruselhit „It Follows“) ist eine sehr zurückhaltende, introvertierte, in manchen Situationen fast schon autistisch anmutende Person. Dafür hat sie etwas, das sie sich selbst nicht recht erklären kann. Die einen würden es Visionen nennen, andere einen sechsten Sinn. Dieser führt sie mit einem Kollegen zu einem seit langem gesuchten Serienmörder – und rettet ihr bei der Verhaftung auch das Leben.

Das macht ihren Chef, Agent Carter (Blair Underwood) aufmerksam. Carter, ein gestresster Familienvater mit wenig Zeit für Frau und Tochter, dafür viel schlechtem Gewissen deswegen, setzt Harker auf einen Fall an, der ihn seit Jahrzehnten verfolgt. Ein Serienmörder, der sich selbst Longlegs nennt (Nicolas Cage, den man ganz zu Beginn im ersten Bild sieht, aber durch Kamerawinkel und Bildausschnitt doch nicht wirklich – und dann erst wieder lang nach der Hälfte des Films; aber allein seine jeder Menschlichkeit beraubte Stimme lässt das Blut gefrieren).

Irgendwie schafft es dieser Unbekannte, bisher unauffällige und unbescholtene Väter dazu zu bringen, ihre Familien brutalst abzuschlachten und sich danach selbst zu töten. Der Anstifter selbst hat nach der Spurenlage die Häuser der Opfer nie betreten, lediglich Briefe mit seltsamen Codes und Symbolen, die er hinterlässt, stellen die FBI-Ermittler vor (noch) nicht knackbare Probleme.

Lee Harker fuchst sich tief in den Fall hinein und kann tatsächlich die Briefe zum Teil entschlüsseln. Es sind satanistische Texte mit Bezügen zu einschlägigen Kulten. Prompt meldet sich Longlegs mit einem solchen Brief auch bei der Ermittlerin, die nach und nach ein Muster zu erkennen glaubt, und kündigt ihr an, seine tödliche Arbeit wieder aufnehmen zu wollen.

Und sie muss irgendwann feststellen, dass Longlegs und sie auf eine bestimmte Art und Weise verbunden sind …

Rezension: Unsere Kritik zum Film

Verlässt man nach eineinhalb beklemmendsten Stunden mit Herzklopfen und feuchten Handflächen den Kinosaal, weiß man erst mal gar nicht, wo man anfangen soll, über den Horrorthriller „Longlegs“ (2024) nachzudenken.

Sei es der für solche Geschichten sehr befreiende Schachzug, sie in den späten 80er-Jahren anzusetzen. Oder die Verbeugung vor dem 90er-Klassiker „Das Schweigen der Lämmer“ (1991; u. a. mit Jodie Foster und Anthony Hopkins), der in Sachen Düsternis bzw. der Hauptfigur (unerfahrene, junge, von inneren Dämonen getriebene FBI-Agentin) ein Vorbild war. Oder die Story in eine Zeit noch ohne Handys zu legen: Es ist einfach viel aufregender, die Hauptfiguren beim mühevollen analogen Ermitteln zu beobachten, statt sie dauernd auf Knöpfe drücken und in Smartphones quatschen zu sehen.

Dazu kommen die hocheffiziente, schnörkellose und dennoch mit enormen Bedrohungsgefühlen aufgeladene Inszenierung, getragen von zwar weitgehend unbekannten – bis auf eine Ausnahme –, aber großartigen Schauspielerinnen und Schauspielern.

Maika Monroe lässt ihre Agentin Lee Harker perfekt zwischen den Polen introvertierter Distanz und hoch emotionalem Ehrgeiz, diesen Longlegs zu kriegen, oszillieren. Ein bedeutender Teil dieser Beklemmung ist auch einem genialen Sounddesign geschuldet, das Regisseur/Drehbuchautor Oz Perkins (der Sohn von Anthony Perkins, Kultkiller aus „Psycho“) durch seinen gesamten Thriller zieht.

Wie erwähnt, ist ein Teil davon die Stimme von Nicolas Cage, der im US-Original so grauenhaft, verloren und böse wirkt, dass man eine eigene Oscar-Kategorie dafür erfinden sollte. Auch sonst war Perkins bei „Longlegs“ sehr erfinderisch. So sorgte er dafür, dass sich Hauptdarstellerin Maika Monroe und Nicolas Cage vorher nie trafen, sie keine Ahnung hatte, welche Gestalt ihr da im Laufe des Films gegenübertreten würde. Bei der ersten Szene, wo das dann endlich der Fall war, wurde die Schauspielerin verkabelt, und Oz Perkins nahm ihren Herzton auf. Und tatsächlich – Monroe war so aufgeregt, dass ihr Puls beim ersten Zusammentreffen mit Cage in seiner grotesken Longlegs-Kostümierung fast explodierte! Diesen anschwellenden Herzrhythmus wiederum nützte Regisseur Perkins leicht verzerrt als Tonhintergrund. Wirklich schauerlich!

Und schließlich passt auch die Geschichte von „Longlegs“, oft der Schwachpunkt solcher (im besten Sinn) Schauermärchen. Die Wendungen kommen überraschend, vor allem aber entfalten sich die Geschehnisse so, dass sie nicht wirklich vorhersehbar sind, aber auch nicht an den Haaren herbeigezogen wirken. Peu à peu entfaltet sich ein monströses Tableau menschliches Wahnsinns mit einer Portion okkulter Überhöhung, das in ein Ende mündet, welches man auf dem Heimweg auch erst mal verdauen muss.

Insgesamt also ein fast perfekter kleiner Horrorfilm (der mit einem Budget von unter 10 Millionen US-Dollar realisiert wurde und bei dem man sich lange danach auch mal fragt: warum ist so etwas bei uns nicht möglich?), der 98 Prozent seines Potenzials ausschöpft und lange im Gedächtnis bleibt.

Einziger Nachteil: Die im Zuschauer erzeugten düsteren Gefühle können so stark sein, dass am Ende das Urteil steht: Großartig gemacht und echt mehr als spannend, aber nochmal möchte ich mir diese dunkle Gruseloper sicher nicht ansehen.

Fazit: Im seit längerem wahllos Rollen runterspielenden Nicolas Cage (zuletzt zehn Filme in zwölf Monaten!) steckt immer noch viel Genie. „Longlegs“ ist definitiv nichts für schwache Nerven!

Kinoprogramm

Keine Vorstellungen im gewählten Zeitraum.