Tenet

Beschreibung

Ein namenloser CIA-Agent (John David Washington) gerät bei einem Anti-Terroreinsatz in der Oper von Kiew (großartige, beeindruckende Sequenz mit Hunderten Komparsen!) als Undercover-Sondereinheiten-Mann in die Hände der Gegner. Sie foltern ihn stundenlang, ehe es ihm gelingt, seine vermeintliche Todespille zu schlucken. Er geht mit weißer Weste – er hat seine Leute nicht verraten. Doch er stirbt nicht, alles war nur ein Test, um seine Zuverlässigkeit zu prüfen. Offiziell ist er tot, und alle seine Spuren sind verwischt, tatsächlich ist er jedoch ab jetzt Mitglied einer ultrageheimen Spezialtruppe, die nichts Geringeres als das mögliche Ende der Welt verhindern muss.

Denn offenbar ist es jemandem gelungen, Materie zu invertieren. Inversion bedeutet, dass sich Menschen und Gegenstände nicht im Einklang mit der Zeit durch Zeit und Raum bewegen, sondern gegen die Zeit. Invertierte Pistolen feuern keine Kugeln ab, sondern sie holen Geschosse wieder in Lauf und Patronenhülse zurück, die sie abgefeuert haben.

Die Agenten haben im Lauf der Zeit immer mehr solcher invertierter Objekte gefunden. Solange es nur wenige sind, stellen sie ein physikalisches Kuriosum dar. Wenn aber zu viel Materie gegen die Zeit strömt und sich in der Mitte mit jener trifft, die in die „richtige“ Richtung existiert, bedeutet das die völlige Aufhebung, sprich die Vernichtung der Welt, wie wir sie kennen.

Ganz klar kommen diese invertierten Objekte aus der Zukunft. Schlussfolgerung des Agenten und seines Partners Neil (Robert Pattinson, der hier eine sehr gute, weil mehrschichtige und halbwegs emotionale Figur spielt, davon später): Die Zukunft hat uns den Krieg erklärt, braucht dazu aber Verbündete in unserer Gegenwart.

Nach ersten Recherchen und einem „Mission: Impossible“-mäßigen Einstieg ins militärisch gesicherte Penthouse eines indischen Waffenschiebers in Mumbai zeigt sich, dass Sator (Kenneth Branagh, zum Fürchten gut, böse, kalt und gleichzeitig ein unberechenbares Häferl), ein russischer Waffenhändler, der Dreh-und Angelpunkt für diese Technologie sein muss. Die Achillesferse des Oligarchen mit Gasmilliarden und einer Jacht wie ein Flugzeugträger (erinnert wohl nicht ganz zufällig an reale Vorbilder) ist seine Frau Kat (Elizabeth Debicki), Sprössling des britischen Finanzhochadels, die Sator in eine Ehe getrickst hat und die seitdem im ersten Kreis der Hölle lebt.

Die Agenten versuchen, sich über Kat an den unberechenbaren Russen heranzumachen – doch damit zünden sie die Lunte zu apokalyptischen Ereignissen …

Jetzt ansehen

Rezension: Unsere Kritik zum Film

Filme, bei denen mit dem Ablauf der Zeit gespielt wird, müssen einen ganz speziellen Balanceakt schaffen. Zum einen muss die zeitverschiebende Prämisse, auf der die Handlung ruht, zumindest so plausibel wirken, dass man nicht schon im Kino, mitten in der Handlung, den Kopf schüttelt und „So ein Unsinn!“ ruft. Zum anderen kann man beim Publikum kein allzu tiefes Wissen über Naturgesetze voraussetzen, was es nötig macht, die Rahmenbedingungen immer wieder halbwegs niederschwellig und in die Handlung integriert zu erklären.

Beides schafft „Tenet“ halbwegs, aber je länger der Film dauert, umso komplizierter wird die Gedankenwelt von Regie-Visionär Christopher Nolan (der in der Vergangenheit bereits den Sturz durch Raum und Zeit gewagt und mit „Inception“ sowie „Interstellar“ wahre Meisterwerke abgeliefert hat!) und umso komplexer müssen die Erklärungen sein.

Das schafft eine seltsame Struktur des 150 Minuten langen Werks: Auf tadellose und immer größer werdende Action-Sequenzen folgen immer dichter werdende „Erklärszenen“. Und das ist, zumindest hat man nach zwei Stunden Kino (und noch kein Ende in Sicht) den Eindruck, etwas zu wenig. Dabei greifen Nolan und sein Team in die Vollen, wenn es um Kämpfe, Explosionen, einstürzende Altbauten, in Gebäude donnernde Jumbojets, Autoverfolgungsjagden und Manngegen-Mann-Kämpfe geht; immerhin muss das ja mit der Zeit und gegen den Lauf derselben überlebt werden.

Die gelieferten Schauwerte sind großartig und beeindruckend – v. a. weil „Kino-Kreuzritter“ Nolan als Verfechter von mechanischen Spezialeffekten gilt und für einen seiner „Money Shots“ lieber eine echte Boeing 747 in die Luft sprengte, als auf billiges CGI zurückzugreifen. Spektakulär!

Aber nach zwei Stunden merkt man die Anstrengung, den physikalischen Theoremen zu folgen, auf denen „Tenet“ basiert und den Hochglanzkrawall zu verarbeiten. Plus: Auch hier könnten wir entwöhnt sein, aber selbst in seinen stillen Momenten ist „Tenet“ einer der lautesten Filme der letzten Jahre. Bei der Schießerei am Anfang glaubt man, tatsächlich im Schießkeller neben jemandem zu stehen, der sein Sturmgewehr einschießt; nur der Korditgeruch fehlt. Und in den ruhigeren Szenen dröhnt andauernd die Hintergrundmusik, ist manchmal präsenter als die Schauspieler.

In diesem Gewitter tun sich Nolans Darsteller sichtbar schwerer als in seinen früheren Filmen. Die Hauptfigur, die Denzel-Washington-Spross John D. Washington („Ballers“, „BlacKkKlansman“) zu stemmen hat, ist zwar nicht unsympathisch, aber es fehlt ihr an Ecken, Kanten und Eigenheiten. Dass ihr Drehbuchautor Christopher Nolan noch dazu keine Sätze für die Ewigkeit in den Mund gelegt hat (und das würde sich angesichts des Settings wohl anbieten), hilft auch nicht wirklich.

Im Vergleich ist Robert Pattinsons Sidekick mit seinem spätpubertären Gehabe und seiner Undurchsichtigkeit eine echte Charisma-Bombe. Interessant ist auf jeden Fall Elizabeth Debicki als gequält-elegante Ehefrau des bösen Russen Kenneth Branagh. Die Schauspielerin fiel schon in „Widows – Tödliche Witwen“ (2018) durch ihre Größe von weit über 1,80 Meter auf, die durch High Heels und extrem schlanke Figur noch stärker wirkt. In „Tenet“ ist sie sichtbar (und das ist gut so) die größte Erscheinung, wirkt zwischen ihren männlichen Mitspielern wie eine Giraffe, die mit einer Gnuherde mitmarschiert.

Trotz dieser starken Frauenrolle fehlt es an etwas, was Nolan bisher zuverlässig geliefert hat: Emotion. Es steht alles auf dem Spiel, jede:r geht bis zum Äußersten. Dennoch stellt sich kein großes Gefühl ein; zu kühl, rational, zum Mitdenken verurteilt läuft alles ab.

Fazit: Tolle Effekte, interessante These, trotzdem nicht Nolans bester Film. Was auch ein Blick auf das „magere“ Einspielergebnis von 365,3 Millionen US-Dollar vermuten ließe, hätte „Tenet“ nicht mitten in der heißesten Phase der Coronapandemie (COVID-19) und in den sehr limitiert zugänglichen, großteils geschlossenen Kinos dieser Welt seine Premiere gefeiert und wäre dadurch „ausgebremst“ worden.

Wer ganz große Bilder und Rasanz in allen Ecken haben will, sollte sich „Tenet“ unbedingt ansehen!

Im Jahr 2023 folgte Christopher Nolans 12. Film „Oppenheimer“.