Beschreibung
Hedwig Höß (Sandra Hüller) liebt ihren Garten. Oft wandelt sie mit Baby Annegret – das jüngste ihrer fünf Kids – durch die Beete und erklärt der Kleinen liebevoll die unterschiedlichen Blumen. Familie Höß wohnt in einer Villa, genug Personal hält den Haushalt unaufgeregt am Laufen. Ein großdeutscher Feuchttraum vom feinen Leben, vor allem im Kriegsjahr 1943, würde nicht die Kamera gelegentlich um 180 Grad versetzt stehen.
Denn dann sehen wir, dass Familie Höß direkt neben dem Eingang einer riesigen, scheinbar industriellen Anlage mit hohen, stets qualmenden Schornsteinen wohnt.
Hedwigs Ehemann Rudolf (Christian Friedel), der den Kindern vor dem Einschlafen Märchen vorliest, vor jedem Betreten des Hauses die Stiefel auszieht und Hedwig brav verspricht, mit ihr bald wieder nach Italien zu fahren, weil man „dort so nette andere Ehepaare kennenlernt“, ist SS-Obersturmbannführer – und Kommandant des KZ Auschwitz, wo von 1940 bis 1945 zwischen 1,1 bis 1,5 Millionen Menschen systematisch ermordet wurden.
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Rezension: Unsere Kritik zum Film
Eben jene Morde im KZ Auschwitz zeigt Regisseur Jonathan Glazer („Sexy Beast“, „Under the Skin – Tödliche Verführung“) in seinem Holocaust-Drama „The Zone of Interest“ (2023) allerdings nicht. Manchmal nur hört man weit weg Schreie, Schüsse, Gebell: Vor allem das Ohr kriegt den Subtext des Grauens mit.
Im visuellen Mittelpunkt steht das biedere Höß’sche Leben, das erst erschüttert wird, als Rudolf eine Versetzung droht.
Das ungewöhnliche Konzept und die großartigen Schauspieler (v. a. Sandra Hüller) werden nur von zwei spürbaren Schwächen gebremst: Zum einen wird Rudolf Höß, von Jugend an ein wilder Totschläger, als viel zu netter, fast moderner Papa gezeigt. Und zum anderen die Story selbst, genaue Entsprechung von Hannah Arendts „Banalität des Bösen“, die ohne das Ahnen, was jenseits der Mauern passiert, einfach langweilig ist.
Bei der Verleihung der Academy Awards im Jahr 2024 war „The Zone of Interest“ für insgesamt fünf Oscars nominiert, darunter in den Kategorien „Bester Film“, „Beste Regie“ und „Bestes adaptiertes Drehbuch“.
Fazit: „The Zone of Interest“ (2023) ist beklemmend und faszinierend, aber kein Feelgood-Movie. Aber wer sich Letzteres erwartet hätte, sollte vielleicht noch einmal zurück in die Schule und im Geschichtsunterricht besser aufpassen …