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Diebe, Lügen, Selbstsucht: 5 Disney-Filme mit ziemlich fragwürdiger Moral
Disney ist weltbekannt, wahnsinnig beliebt und hat viele Generationen beim Aufwachsen begleitet. Es gibt nicht nur Filme und Serien, sondern auch Spielzeug, Schulsachen, Becher, Teller und vieles mehr – alles superbunt, superlieb und superlustig. Als Kind nimmt man jedoch nicht wahr, dass in vielen Filmen eigentlich oft falsche Werte vermittelt werden. In diesem Artikel gibt es fünf Beispiele solcher Disneyfilme mit fragwürdiger Moral und Botschaften, die man vielleicht doch hinterfragen sollte.
„Arielle, die Meerjungfrau“ (1989)
In der gleichnamigen Zeichentrickserie (1992–1994) ist Arielle eigentlich ziemlich cool: sie ist schlau, neugierig, mutig und abenteuerlustig. In der älteren Filmversion „Arielle, die Meerjungfrau“ aus dem Jahr 1989 hingegen, ist die Protagonistin allerdings alles andere als ein tolles Vorbild für junge Mädchen. Sie verliebt sich in einen fremden Mann – einen Menschen! – und ist sofort dazu bereit, ihr ganzes Leben für ihn aufzugeben. Und sie will sich körperlich verändern, um ihn besser kennenzulernen.
Als Meerjungfrau kann sie nicht wirklich an Land bleiben, außer sie will zu Sushi verarbeitet oder wie ein Tier in einem Zoo ausgestellt werden. Daher verkauft sie ihre Stimme (bzw. symbolisch ihre Seele) an die Meerhexe Ursula und erhält im Gegenzug menschliche Beine. Dass sie als Mensch nie wieder bei ihrer Familie und ihren Freunden leben kann, ist natürlich völlig egal. Am Ende bekommt sie trotz ihrer egoistischen Entscheidung das Leben als Mensch und den Segen ihrer Familie und Freunde.
Die Moral: Verkaufe deine Seele, verlasse deine Familie und am Ende bekommst du den scharfen Typen – und echte menschliche Beine!
Titelheldin Arielle, Meerjungfrau und jüngste Töchter von König Triton, dem Herrscher der Ozeane, interessiert sich – aller Warnungen ihres Vaters zum Trotz – für die Menschen. Heimlich schwimmt sie mit ihrem treuen Begleiter Fabius um Schiffe herum und sammelt allerlei Klimbim, von Gabeln hin zu Tabakpfeifen, das von Zweibeinern auf ihren Reisen im Wasser landet. Ihr stets auf den Fersen: Krabbe Sebastian, königlicher Berater, Arielles gutes Gewissen und sowas in wie der Haus- und Hof-Diener Tritons.
Die eigentlichen Zwecke dieser faszinierenden Errungenschaften sind der neugierigen Arielle fremd; Gabeln werden als Haarbürsten benutzt und Pfeifen, so sagt es ihr zumindest Möwe Scuttle, heißen unter dem Meer „Schnarfblatt“.
Arielles sehnlichster Wunsch ist es allerdings, für ein paar Tage selbst Mensch zu sein. Dieser wird dringlicher, als sie Prinz Erik vor dem Ertrinken rettet – und sich in ihn verliebt.
Ein gefundenes Fressen für die böse Meerhexe Ursula und ihre beiden Gehilfen – die zwielichtigen Aale Flotsam and Jetsam – die gar nicht gut auf König Triton zu sprechen ist und am liebsten selbst auf dem Thron sitzen würde. So kommt es nicht von ungfähr, dass sie einen sinistren Plan ausheckt und Arielle einen Handel vorschlägt: sie darf für drei Tage ein Mensch sein, küsst Erik sie in dieser Zeit, bleibt sie es für immer. Wenn nicht, gehört Arielles Seele Ursula – besiegelt wird all das durch einen Knebelvertrag.
Zugegeben etwas naiv, willigt Arielle sofort ein und muss mit entsetzen feststellen, dass die fiese Ursula zwar einen Teil der Abmachung eingehalten hat, sie plötzlich ihre Schwanzflosse gegen ein Paar Beine eingetauscht hat, dabei jedoch ihre Stimme verloren hat!
Das könnte das Unterfangen nun etwas schwieriger gestalten, den Prinzen kennenzulernen. Erik, der die an Land gespülte Arielle alsbald entdeckt, lässt sich davon allerdings nicht irritieren und lädt die nunmehr stumme Meeresprinzessin zu sich ins Schloss ein.
Ursula, die das Geschehen mit Argwohn beobachtet, versucht in Folge alles, um Arielle zu sabotieren und sie davon abzuhalten, vom Prinzen einen Kuss zu bekommen …
„Schneewittchen und die sieben Zwerge“ (1937)
Zuerst wird einem vermittelt, dass Schönheit praktisch ein Fluch ist und man dafür sicher von einigen Menschen gehasst wird, genauso wie die böse Stiefmutter Schneewittchen dafür hasst. „Typisch Frau“, oder? Lasst den Konkurrenzdruck zwischen kleinen Mädchen beginnen.
Wenn man nämlich nicht „die Schönste im ganzen Land“ ist, sollte man das Mädchen, das diesen Titel trägt, am besten umbringen lassen. Cool. Sich wie Schneewittchen in einem Wald zu verstecken, ist dann die einzige Überlebensmöglichkeit. Sie muss es aber gleich übertreiben und spaziert in ein fremdes Haus hinein, das sie als Frau natürlich sofort beginnt aufzuräumen. Männer machen so etwas nämlich nicht! Außerdem entschließt sie sich dazu, direkt mit den sieben fremden Männern zusammenzuwohnen – sie sind doch eigentlich ganz nett.
Später nimmt das naive Schneewittchen voller Freunde den Apfel einer Fremden an und wird vergiftet. Tja, keine schlaue Idee. Aber das ist nicht wichtig, denn ein Typ, den sie vorher schon einmal getroffen hat, sieht das scheinbar tote Mädchen in einem gläsernen Sarg liegen und küsst sie. Schneewittchen hat natürlich nur „geschlafen“ und ist nicht wütend darüber, dass ein „Random Guy“ sie einfach geküsst hat. Nein, er hat sie gerettet und sie ist so froh darüber, dass sie einfach mit ihm in sein Schloss geht und ihn heiratet.
Die Moral: Vertraue wildfremden Menschen und warte darauf, dass dich ein netter Prinz mit einem Kuss aus deinem Unglück rettet, weil er dich so schön findet.
Schneewittchen ist eine kleine Prinzessin, deren böse Stiefmutter sie in Lumpen hüllen und als Magd schuften ließ. Warum? Weil sie Angst hatte, dass das Mädchen eines Tages schöner sein könnte als sie selbst. Als diese Befürchtung der eitlen Königin durch ihren magischen Spiegel als wahr bestätigt wird, beauftragt sie einen Jäger, Schneewittchen im Wald zu töten. Doch der bringt den Mord nicht übers Herz und lässt das Mädchen entkommen. Schneewittchen entdeckt auf einer Lichtung ein leer stehendes Haus, in dem sie gemeinsam mit den Tieren des Waldes für Ordnung und Sauberkeit sorgt. Als die sieben Zwerge von der Arbeit heimkehren, sind sie von ihrem Hausgast schnell entzückt und nehmen Schneewittchen bei sich auf. Als die Königin erfährt, dass ihre Stieftochter noch lebt, ist sie außer sich: Mit Zauberkräften verwandelt sie sich in eine Hexe und macht sich auf den Weg in den Wald, um die böse Tat mit Hilfe eines giftigen Apfels selbst zu vollenden...
„Aladdin“ (1992)
Aladdin ist ein Dieb. Man nimmt ihm diese Sache nicht übel, denn es ist ja ein Disneyfilm und er ist die Hauptfigur. Stehlen kann also nicht so schlimm sein. Prinzessin Jasmin macht auch gerne das, worauf sie gerade Bock hat: sie belügt ihren Vater und schleicht sich heimlich aus dem Palast. Um nicht erkannt zu werden, verkleidet sie sich auch.
Aladdin verliebt sich Hals über Kopf in Jasmin, obwohl er kaum etwas über sie weiß. Er erzählt seinem Flaschengeist von ihren Augen, ihren Haaren und von ihrem Lächeln. Von ihrer Persönlichkeit aber fast nichts – wie könnte er auch? Er weiß ja kaum etwas über sie. Ihre Schönheit reicht aus, um sich in sie zu verlieben. Und um der Prinzessin zu gefallen, lügt er munter drauf los, gibt sich mit Genies Hilfe als Prinz aus und beschwört, dass er bei ihrem ersten Treffen nur als normaler Bürger verkleidet war. Er weigert sich lange, ihr die Wahrheit zu sagen. Jasmin glaubt Aladdin und verliebt sich später ebenfalls in ihn.
Darüber hinaus zögert er, sein Versprechen gegenüber Genie zu halten und ihn mit seinem letzten Wunsch frei zu lassen, als er fürchtet, dass seine Lüge auffliegen könnte. Erst zum Schluss schenkt er Genie wie versprochen seine Freiheit. Arabische Männer werden (nicht nur in diesem) Zeichentrickfilm außerdem als schmutzig, aggressiv und gemein dargestellt. Sie nehmen Jasmins Worte, die Worte einer Frau, kaum ernst.
Die Moral: Du kannst ein lügender Dieb sein, am Ende wird die wunderschöne Prinzessin dich doch heiraten und reich machen.
Aladdin ist ein gewitzter Straßenjunge, der sich auf den ersten Blick unsterblich in die schöne Prinzessin Yasmin verliebt. Als er in den Besitz der Wunderlampe kommt, auf die es auch der böse Großwesir Jaffar abgesehen hat, verändert sich sein Leben. Der von Aladdin befreite Flaschengeist Dschinni gewährt dem Lausbub nämlich drei Wünsche. Als reicher Prinz gewandet macht er so Yasmin den Hof. Das wiederum beäugt der böse Jaffar mit wachsendem Unmut.
„Cinderella“ (1950)
Auch Cinderella (bzw. „Aschenputtel“) wird, genau wie Schneewittchen, aufgrund ihrer Schönheit gehasst. Ihre Stiefmutter und ihre Stiefschwestern machen ihr das Leben zur Hölle. Sie wird pausenlos von ihnen gedemütigt und dazu gezwungen, das ganze Haus sauber zu machen. Cinderella wehrt sich nicht gegen diese schreckliche Behandlung. Sie singt lieber und träumt von einem anderen Leben. Sie kommt nicht auf die Idee, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und ihr Leben zu verändern.
Ein Brief aus dem Schloss des Königs lädt junge Frauen zu einem Ball ein. Er möchte seinen Sohn, den feschen Prinzen, mit einer Wildfremden verheiraten. Natürlich sind alle Frauen von dieser Idee begeistert und nicht angewidert. Eine gute Fee taucht auf und zaubert dem Hausmädchen Cinderella ein wunderschönes langes Kleid und eine Kutsche herbei, damit sie sich den Prinzen angeln kann – der Prinz verliebt sich natürlich auch sofort in sie.
Ohne diese Aufmachung und die arrangierte Hochzeit, hätten die beiden sich nie kennengelernt. Damit er nicht sieht, wie Cinderella eigentlich aussieht, verschwindet sie kurz vor Mitternacht. Mit der genialen Idee, sie durch ihren verlorenen Schuh zu finden, bekommen die Zuseher auch ihr Happy End. Was für eine tolle Liebesgeschichte!
Die Moral: Lass dir im Leben alles gefallen, wehr dich bloß nicht und träume lieber nur von der großen Veränderung, die du dir so sehnlichst wünschst. Ein magisches Wesen wird auftauchen und dir helfen, deine Träume zu verwirklichen – oder einen gutaussehenden, erfolgreichen Kerl aufzureißen, auch wenn er dich nur nach deinem Äußeren beurteilt.
Die schwersten und schmutzigsten Arbeiten muß die hübsche Cinderella im Haushalt ihrer Stiefmutter erledigen. Freudlos verläuft ihr karges Dasein, bis sie eines Tages von einer guten Fee zu einer Schönen der Nacht verzaubert wird. Angetan, mit einem bezaubernden Kleid und eleganten Stöckelschuhen, besucht Cinderella den Ball des Königs, wo der Prinz sich sofort in sie verliebt. Da die Magie jedoch um Mitternacht ihre Wirkung verliert, flieht Cinderella noch bevor ihre wahre Identität entdeckt werden kann. Dabei verliert sie allerdings einen Schuh.
„Die Schöne und das Biest“ (1991)
Die eigentlich schlaue Belle hat schöne Pläne für ihr Leben, sie möchte die Welt entdecken. Das Biest, das im Inneren ein oberflächlicher und herzloser Prinz ist, hält ihren Vater gefangen. Belle tauscht sich freiwillig für ihn ein und verspricht sogar, für immer im Schloss zu bleiben.
Ihre Träume haben somit schnell wieder an Relevanz verloren. Na gut, sie wollte immerhin ihren Vater retten, der danach gewaltsam aus dem Schloss befördert wird. Das Biest ist wahnsinnig unfreundlich zu ihr und verhält sich zusätzlich sehr aggressiv. Als es sie bei einem gescheiterten Fluchtversuch vor Wölfen rettet und sich dabei verletzt, pflegt sie es wieder gesund. Das Biest verliebt sich in Belle und ist plötzlich nett – sie darf sogar zu ihrem Vater gehen, als der im Dorf für Verrückt erklärt wird und in eine Irrenanstalt gesperrt werden soll.
Das Biest wird zum Schluss bei einem Kampf (vermeintlich) getötet. Doch weil Belle sich ebenfalls in das Biest verliebt hat (wahre Liebe und so), verwandelt es sich wieder zurück in den gutaussehenden Prinzen. Natürlich wird dann auch geheiratet und das ganze schlechte Benehmen und die Tatsache, dass Belle vom Biest gefangen genommen wurde, werden einfach vergessen.
Die Moral: Wenn dich ein unhöfliches und aggressives Biest gefangen hält, warte ein bisschen ab, vielleicht zeigt sich ja, dass es eigentlich ein gutaussehender Prinz ist, der dich dann heiraten wird. Kurzum: Auch wenn deine Beziehung noch so Scheiße läuft, dich dein Partner anschreit oder vielleicht sogar handgreiflich wird, warte lieber ab und vertraue darauf, dass es schnell vorüber geht. Stockholm-Syndrom lässt grüßen …
Eine Fee verwandelt einen bösen Prinzen in ein “Biest”, und alle Schloßbewohner in diverse Haushaltsgegenstände. Erst wenn sich ein Mädchen in den verzauberten Prinzen verliebt, kann der Fluch gebrochen werden. Als sich dann eines Tages tatsächlich Belle in das Schloß verläuft, tut der Prinz alles andere als liebenswert auf sie zu wirken. Die anderen Schloßbewohner – also die Teekanne, die Uhr und der Kerzenleuchter, versuchen alles, um die beiden zu verkuppeln.
Anmerkung: Die in diesem Artikel angesprochenen Filme entstammen teilweise einer Zeit, in der solch ein Verhalten – vor allem Frauen gegenüber – üblich war. Auch Disney ist sich heutzutage gewissen „Stereotypen“ bewusst und macht darauf mitunter auf seinem Streamingdienst Disney+ in Warnhinweisen aufmerksam – teilweise wurden manche Filme auch nachträglich editiert.
Unter den zahlreichen Disneyfilmen gibt es aber natürlich auch positive Vorbilder für Kinder, vor allem für junge Mädchen. Bei „Die Eiskönigin – Völlig unverfroren“ (2013) geht es um Geschwisterliebe und Frauenpower. „Mulan“ (1998) kämpft sich alleine durch und wird am Ende von den Männern (in ihrem Fall sogar Soldaten) respektiert. Und auch „Pocahontas“ (1995) ist keine Jungfrau in Nöten und findet sich im riesigen Wald perfekt alleine zurecht. Sie kämpft für mehr Akzeptanz von Fremden und rettet am Ende sogar die männliche Hauptfigur.
Portal-Manager von TV-MEDIA, der mit seinem Faible für Film und Kino die größte Entertainment-Website Österreichs in Schuss hält. Liebt es, am Wochenende mit dem Millennium Falcon durch Mittelerde zu düsen und beim Pizzaessen mit den Teenage Mutant Ninja Turtles über Animes zu schwadronieren.
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