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Kinotechnik auf dem Prüfstand: MX4D und Dolby Cinema im Check

TV-MEDIA-Redakteur Bernhard Steiner wirft in seiner neuen Technik-Reihe einen Blick hinter die Kulissen der österreichischen Kinos und trifft dort neben Brancheninsidern auch Leute vom Fach, die aus dem Nähkästchen plaudern. Zum Auftakt wird im Cineplexx Millennium City der MX4D-Saal sowie das Dolby Cinema genauer unter die Lupe genommen.

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Bernhard Steiner
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Das MX4D-Spektakel im Einsatz – mit „Wackelsitzen“, Schnee-Effekt und Seifenblasen

TV-MEDIA-Redakteur Bernhard Steiner (r.) wirft einen Blick hinter die Leinwände in den Sälen der österreichischen Kinokette Cineplexx. Schon beim ersten Ausflug ins MX4D-Kino gab es ein Spektakel: „Wackelsitze“, Schnee-Effekte und Seifenblasen verfeinern dort das Filmvergnügen!

VIDEO: Dolby Cinema und MX4D im Test bei TV-MEDIA

Damit man sich von all dem technischen Drumherum in den Cineplexx-Kinosälen MX4D und Dolby Cinema mehr vorstellen kann, haben wir vor Ort eine kleine Videoreportage gedreht

Das Kino – ein ewiger Trendsetter im Entertainment-Bereich

Ein dunkler Saal, Popcorngeruch in der Luft, der Blick nach vorn gerichtet auf eine große Bildwand, von wo aus man für die nächsten anderthalb Stunden in eine andere Welt teleportiert wird. Willkommen im Kino, dem Ort, an dem Filmgenuss seit jeher großgeschrieben wird!

An der Ausgangslage dieser Form des Entertainments hat sich seit dem 19. Jahrhundert – als noch Vorläufer und Wegbereiter heutiger Lichtspielhäuser wie etwa Panoptiken auf Jahrmärkten Schaulustige anlockten – augenscheinlich nicht viel verändert. Immer noch starrt man gebannt auf eine gigantische Wand und bekommt darauf ein Bild projiziert.

Doch hinter den Kulissen spielt es sich ab: Der technologische Fortschritt macht auch vor den Kinos nicht Halt. Im Gegenteil – er ist maßgeblich mitverantwortlich dafür, dass sich unsere Sehgewohnheiten auch im Heimgebrauch stets weiterentwickeln.

Von der klassischen Filmrolle, die noch in einen Projektor gespannt wurde, hin zu 3D-Laserprojektionen mit gestochen scharfen Bildern und glasklarem Surround-Sound – das Kino ist ein Trendsetter, und was man dort sieht bzw. hört, möchte man am liebsten auch daheim haben.

Von links: TV-MEDIA-Redakteur Bernhard Steiner mit den Cineplexx-Experten Michael Redtenbacher (Head of Project Development & Cinema Technology) und Lucas Langhammer (Head of Business Development, Mitglied der Cineplexx-Geschäftsführung und dritte Generation der österreichischen Eigentümerfamilie)

© TV-MEDIA / Roland Ferrigato

Cineplexx als Vorreiter für Kinotechnologien

Stets auf dem neuesten Stand der Technik zu sein, ist nicht einfach und erfordert neben dem nötigen Geld auch Planung und Platz. Das bestätigt Lucas Langhammer, Head of Business Development, Mitglied der Cineplexx-Geschäftsführung und dritte Generation der österreichischen Eigentümerfamilie.

Gemeinsam mit ihm und Technikchef Michael Redtenbacher, der als Head of Project Development & Cinema Technology wie kein anderer über cineastische Technologien Bescheid weiß, werfen wir einen Blick hinter die Kulissen und lassen uns im Cineplexx Millennium City in Wien zwei besondere Techno-Schmankerl erklären.

MX4D: Kino sehen und fühlen!

Los geht’s im MX4D-Saal, wo man zusätzlich zum klassischen Filmgenuss dank äußerer Einflussfaktoren immersiv in die Szenen eintaucht. Die Sitzreihen bewegen sich dank hydropneumatischer Zylinder und elektronischer Steuermodule, es gibt Showeffekte wie Wind, Nebel, Seifenblasen, Blitzleuchten, Schläuche, die einen an den Unterschenkeln kitzeln, sowie Rückenstupser und Sitzpopper – in seltenen Fällen sogar Schnee! Besonders beliebt ist das 4D-Kino übrigens bei Frauen.

Nein, wir haben im Kino keinen Feueralarm ausgelöst, sondern uns wurde der Nebel-Effekt im MX4D-Saal vorgespielt. Besonders trickreich ist es bei dieser Art von speziellem Kunstnebel, dass er sich auch möglichst schnell wieder auflöst.

© TV-MEDIA / Roland Ferrigato

Damit die Elektronik weiß, wann welcher Effekt „zünden“ soll, wird ein MX4D-optimierter Film vorher vom Technologie-Anbieter Bild für Bild gesichtet und mit entsprechenden Timecodes versehen – quasi digitale Lesezeichen. Es ist also nicht so, dass ein Filmvorführer per Fernbedienung nach Lust und Laune Effekte startet, sondern der Ablauf vollautomatisiert auf die Sekunde genau immer gleich passiert.

Direkt unter dem Saal, tatsächlich unter der Sitztribüne in einem Zwischenstockwerk, stehen zwei Kompressoren, die für die nötige Druckluft sorgen, um die Show zum Leben zu erwecken. Zwei deshalb, damit sie wechselweise betrieben werden können, sich gleichmäßig abnutzen – und um Wartungsintervalle und etwaige Reparaturkosten besser zu planen.

In einem Zwischenstockwerk unter dem MX4D-Kino stehen u. a. zwei Kompressoren, die die nötige Druckluft erzeugen, damit im Saal darüber die Showeffekte richtig vonstattengehen können

© TV-MEDIA / Roland Ferrigato

Die Bestuhlung im MX4D-Saal ist ein eigenes Phänomen. Unter den Sitzreihen sind die Zylinder, Ventil- und Magnetblöcke sowie Steuermodule verbaut; insgesamt gibt es im Raum 104 dieser Hightech-Sitzgelegenheiten.

Eine Reihe zu vier Stühlen wiegt allein schon rund 800 Kilo! In Bewegung, und mit vier durchschnittsschweren Personen beladen, entsteht hier eine dynamische Last von gut einer Tonne, die in die Bausubstanz übertragen wird.

Das erfordert eine massive Unterkonstruktion, dynamisch-statische Berechnungen und am Ende auch die entsprechenden behördlichen Abnahmen.

Damit die Sitzreihen „wackeln“ können und die Showeffekte funktionieren, sind unter den Stühlen u. a. hydropneumatische Zylinder und elektronische Steuerungseinheiten verbaut

© TV-MEDIA / Roland Ferrigato

Dolby Cinema: Fein abgestimmt in Bild und Ton!

Nach dem MX4D-Spektakel ging’s ins Dolby Cinema. Schon der Eingangsbereich ist besonders: Via Tunnel („Prelude“) mit zum Film passenden Bildprojektionen und Sounds gelangt man in den Saal.

Dieser ist wie ein schwarzer Kokon gehalten: 134 Lautsprecher mit insgesamt 191 Membranen sind in der Decke und den Wänden verbaut, die mit dunklen Bespannungen umhüllt sind – damit es (bis auf beleuchtete Notausgangsschilder) während der Vorstellung keine Ablenkung gibt.

Allein das Design des Dolby-Cinema-Saals zeigt, dass es hier so wenig Ablenkung wie möglich geben soll. Außerdem ist der Premium-Saal mit Ledersitzen, die durch ihre leichte Wölbung eine optimale Sicht auf die Leinwand bieten!

© TV-MEDIA / Roland Ferrigato

Für den im Saal bebenden Dolby-Atmos-Sound mit bis zu 64 Kanälen – der das Publikum objektbasiert von allen Seiten beschallt – befinden sich sogar hinter der Bildwand fünf Line Arrays (übereinandergesteckte Lautsprecherelemente, die wie auf Konzerten links und rechts neben der Bühne baumeln; im Fachkreis „Banane“ genannt).

Dank Dolby-Vision-Technik wiederum bekommt man in diesem Saal besonders lebensechte Farben und hohe Kontraste serviert (in der Farbpalette befinden sich allein 36 Grautöne; normalerweise üblich sind nur acht). Treibende Kraft dahinter ist ein duales 4K-Laserprojektionssystem.

Cineplexx-Technikchef Michael Redtenbacher (r.) kennt jedes noch so kleine Detail des Dolby Cinemas

© TV-MEDIA / Roland Ferrigato

Fun Fact: Um Unschärfen bzw. Moiré-Effekte zu vermeiden, die aufgrund von Unebenheiten auf der Projektionsfläche auftreten können („Speckling“), wird die 165 m² große Bildwand mit 88 „Shakern“ zum Vibrieren gebracht.

MX4D & Dolby Cinema im Schnellcheck

Im MX4D-Saal des Cineplexx Millennium City haben 104 Personen Platz. Als Ergänzung zu 3D-Filmen gibt es äußere Einflussfaktoren wie z. B. Windeffekte oder Nebel, um das Publikum in den Film eintauchen zu lassen. Die dafür nötige Technik ist u. a. unter den Sitzen verbaut; in einem Zwischenstockwerk befinden sich Kompressoren. Die Filme sind mit Timecodes versehen, damit die Show vollautomatisiert ablaufen kann.

Dolby kennt man aus dem Soundbereich. Dass die in San Francisco ansässige Firma mit Dolby Vision jedoch auch die Bildtechnologie in den Kinos mitrevolutioniert, wissen hingegen nur wenige. Im hauseigenen Dolby Cinema (weltweit gibt’s nur rund 300 solcher Spezialsäle) sind die Welten
vereint: Atmos-Ton trifft auf Vision-Projektion – in einem nahezu komplett abgedunkelten Premium-Saal.

Über den Autor
Bernhard Steiner
Bernhard Steiner

Portal-Manager von TV-MEDIA, der mit seinem Faible für Film und Kino die größte Entertainment-Website Österreichs in Schuss hält. Liebt es, am Wochenende mit dem Millennium Falcon durch Mittelerde zu düsen und beim Pizzaessen mit den Teenage Mutant Ninja Turtles über Anime zu schwadronieren.

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